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    Ruhestand für Jochen-M. Spengler

    „Ich war gerne Pfarrer!“

    stkBeim Probesitzen mit Gitarre auf der Hollywoodschaukel: Nach 32 Jahren in Dreieich tritt Pfarrer Jochen-M. Spengler in den Ruhestand.

    Seine jugendliche Ausstrahlung hat sich Jochen-M. Spengler bewahrt, nichtsdestoweniger ist er nun Ruheständler: In einem bewegenden Gottesdienst entließ der Starkenburger Propst Stephan Arras den beliebten Gemeindepfarrer in der Kirche im Buchweg offiziell aus seinem Dienst.

    Die Predigt hielt Spengler natürlich selbst, den Gottesdienst gestaltete er gemeinsam mit Dekan Steffen Held und Pfarrerin Ingeborg Verwiebe. Im Anschluss luden die Evangelische Versöhnungsgemeinde Buchschlag-Sprendlingen zum Empfang in und ums Gemeindehaus ein.

    „Er ist ein Theologe mit Verstand und ein Seelsorger mit Herz“, sagt Held. „Jochen Spengler versteht es, Menschen zu begeistern und in seinen inspirierenden Predigten wertvolle Impulse zu geben“, lobt der Dekan im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau. „Du warst immer da für die dir anvertrauten Menschen und hast in der Gemeindearbeit sowie auf der regionalen Ebene eigene Akzente gesetzt. Für mich persönlich warst und bist du stets auch ein Vorbild. Vielen Dank für all dein Engagement!“

    Aufgewachsen in einem liberalen Pfarrhaus, schien die theologische Laufbahn vorgezeichnet. Geboren in Marburg, zog Spengler mit Eltern und drei Geschwistern erst nach Bad Homburg und 1973 nach Darmstadt, wo sein Vater später als Kirchenpräsident der EKHN amtierte. Obwohl ihm als Berufswunsch ursprünglich eher Fußballer, Musiker oder Schauspieler vorgeschwebt hatte, nahm er direkt nach dem Abitur 1978 in seiner Geburtsstadt ein Theologiestudium auf. Doch bereits 1980 wechselte er an die Uni Gießen, wo er drei Jahre lang Musik und Religion auf Lehramt studierte. Gleichzeitig fing er an, selbst Rockmusik zu machen, wandelte als Frontmann der Band „Steelyard“ auf den Spuren von Deep Purple, gab Konzerte und nahm Platten auf. Nach einem „wilden Jahr“, das ihn als Tourbegleiter im Rock- und Pop-Merchandising quer durch Europa führte, traf er 1984 die Entscheidung, sein Theologiestudium abzuschließen. Er finanzierte sich durch Unterricht in Altgriechisch, gab Ferienkurse für Theologiestudenten und hatte auch eine Tutorenstelle inne. Nach seinem Vikariat in Battenberg folgte ein Jahr als Assistent am Theologischen Seminar Herborn. 1992 kam Spengler nach Dreieich, zunächst als Pfarrer der Versöhnungsgemeinde Sprendlingen. Mit der Fusion zog er 2006 mit seiner Frau Ulrike ins Pfarrhaus nach Buchschlag.

    Von Anfang an galt seine Begeisterung weniger der wissenschaftlichen Theologie als dem praktischen Pfarrberuf. „Die Gestaltungsfreiheit und das ‚Nicht-spezialisiert-sein-müssen‘ kommen mir mit meinen vielen Interessen und dem einen oder anderen Talent sehr entgegen“, erklärt er. „Ich bin dankbar, dass ich Pfarrer sein durfte und froh, dass ich in meiner Gemeinde so sein konnte, wie ich bin. Ich war gerne Pfarrer!“

    Dort war der Seelsorger am richtigen Platz. „Besonders schätzen der Kirchenvorstand und ich persönlich seinen Mut zu Auseinandersetzungen, insbesondere bei heiklen Themen“, sagt Christiane Thomas. Dabei habe er immer versucht, im besten Sinne für die Gemeinde zu agieren, auch wenn diese dann manchmal wie das berühmte „gallische Dorf“ dagestanden habe, ergänzt die langjährige Kirchenvorsteherin lächelnd. „Sein sehr zugewandtes, offenes und persönliches Wesen, das sowohl in Gesprächen als auch in seinen Predigten zum Tragen kam, hat seine vielen Jahre bei uns positiv geprägt.“

    Er versteht sich als nahbarer Geistlicher, der versucht, über schwierige Fragen des Lebens und Sterbens für seine Zuhörer verständlich nachzudenken: um zu trösten, zu stärken und herauszufordern. Besonderen Wert legt er auf die Gottesdienste. „Bei den Predigten gebe ich mir große Mühe“, stellt er fest. Eine Zusammenstellung finden Interessierte in seinem Buch „Phantasie predigt“. Von seiner ungebrochenen Begeisterung für die Musik profitierten dabei auch die Organisten der Gemeinde. Spengler verschaffte ihnen nicht selten freie Sonntage, indem er selbst zur Gitarre griff oder am Keyboard die musikalische Begleitung übernahm.

    Immer wichtiger sei ihm die Seelsorge geworden, bekennt der 64-Jährige. „Ich lasse die Schicksale meiner Gemeindemitglieder sehr dicht an mich heran, das spüren die Menschen“, weiß er. Daneben lag ihm die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden am Herzen. „Es macht mir Spaß, mit Jugendlichen zu tun zu haben“, erklärt er. „Ich bin einfach interessiert an ihrem Leben, Leiden und Lachen und versuche gleichzeitig, Wesentliches meiner Lebens- und Glaubenserfahrungen an sie weiterzugeben.“

    Als Lehrpfarrer unterstützte er 15 Jahre lang den theologischen Nachwuchs. Hiervon profitierte unter anderem sein heutiger Kollege aus Dreieichenhain: Markus Buss war einst Vikar bei ihm gewesen.

    Über knapp zwei Jahrzehnte hatte Spengler darüber hinaus als stellvertretender Dekan im ehemaligen Dekanat Dreieich gewirkt. 2002 wurde der Dreieicher Pfarrer erstmals in den Dekanatssynodalvorstand (DSV) gewählt, kurze Zeit später auch zum stellvertretenden Dekan. Dieses Amt hatte er bis zur Fusion mit dem benachbarten Kirchenkreis zum neuen Dekanat Dreieich-Rodgau inne. Während längerer Krankheitsphasen von Reinhard Zincke habe er über viele Monate als ehrenamtlicher stellvertretender Dekan das „alte“ Dekanat Dreieich geleitet, hebt Dr. Michael Grevel hervor, „... so ganz nebenbei, also zusätzlich zu seiner hauptamtlichen Tätigkeit – Chapeau!“ Spengler habe „Belastbarkeit, Geduld und Konfliktfähigkeit bewiesen und mit seiner frischen, dynamischen Art Diskussionen bereichert und kritisch-konstruktive Impulse gesetzt“, würdigt der amtierende Präses der Dekanatssynode. „In seiner langen Amtszeit hatte er es mit zwei Dekanen zu tun – Martin Diehl und Reinhard Zincke –, und mit drei Präsides – Jan Schütt, Elisabeth Rumbold und Frauke Grundmann-Kleiner, sowie mit einem DSV in wechselnden Konstellationen“, zählt er auf. „Diese Kontinuität ist ein klares Indiz für die gute Zusammenarbeit im Gremium!“

    „Ob sonntags oder werktags – ich war immer für die Anliegen anderer ansprechbar und habe versucht, so gut wie möglich für meine Gemeinde da zu sein“, sagt der scheidende Pfarrer. Bei den Menschen ist er nicht nur als Ratgeber in seelsorgerlichen Belangen gefragt, sondern auch als ebenso kompetentes wie humorvolles Gegenüber in Sachen Fußball: Der glühende Lilien-Fan und ehemaliger Jugendfußballer des SV Darmstadt 98 ist als unterhaltsamer und stets gut informierter Gesprächspartner überaus beliebt.

    Seine Stelle ist ausgeschrieben und soll so schnell wie möglich wiederbesetzt werden. Inzwischen ist das Buchschlager Pfarrhaus freigeräumt und das Paar hat – zusammen mit zwei Katern, einigen Musikinstrumenten und nicht wenigen Büchern – ein neues Zuhause in Langen gefunden. Spengler freut sich darauf, Zeit zu haben, die er frei gestalten kann, Kräfte zu tanken und sich gemeinsam mit seiner Frau „auf die Suche nach einem Leben zu machen, in dem ich nicht mehr Pfarrer bin.“ Vor Langeweile ist ihm nicht bange, haben doch bereits Bands bei ihm angeklopft und Interesse an seinen Fähigkeiten als Keyboarder angemeldet. Und wenn dann noch Zeit bleibt, meint er augenzwinkernd: „Wer weiß, vielleicht schreibe ich ja noch einen Roman – durch all meine Predigten bin ich ja als Autor ganz gut trainiert!“

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