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    Pogromgedenken

    Geschichte - persönlich erzählt

    Bernhard BergmannJürgen Flügge erzählte in Reichelsheim in dem Stück "Edith und Mina" persönliche Geschichte und macht so den 9. November 1938 und die Zeit danach miterlebbar. Links: die Kirchenvorstandsvorsitzende Dr. Waltraud Frassine.

    In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 geriet die Welt für jüdische Menschen in Deutschland aus den Fugen. Die Kirchengemeinden Reichelsheim und Reinheim gedachten auf unterschiedliche Art der Pogromnacht und der Zerstörung der Synagogen.

    Dekanat Vorderer OdenwaldPfarrer Dr. Felipe Blanco Wißmann hielt in Reinheim die Andacht zu 80 Jahre Progromnacht. Christoph von Erffa begleitete ihn am Violoncello.

    Von Bernhard Bergmann
    und Felipe Blanco Wißmann


    Es gibt Geschichte aus Büchern – wie Kinder und Jugendliche sie in der Schule lernen. Da erfährt man zum Beispiel, wer wann wo regiert hat, welche Gruppen Revolutionen bewirkt haben und wie viele Menschen in diesem und jenem Krieg gestorben sind.

    Eine ganz andere Geschichte, nämlich die von einzelnen Menschen, trug Schauspieler und Theaterintendant Jürgen Flügge (Tromm) am Abend des 9. November im evangelischen Gemeindehaus in Reichelsheim vor. Es war eine Geschichte aus Briefen, Postkarten, Zeugnissen und Bildern, die Flügge wiederum in einem alten Koffer gefunden hatte; einem Koffer seiner Mutter Wilhelmine Lautenschläger aus Stockstadt am Rhein. Die Dokumente darin verband der Theatermann von der Tromm mit einer Erzählung zu einem eindrücklichen Dokument aus der Nazizeit – sowie mit kurzen Episoden aus der Zeit davor und danach.

    Berichte von Mutter Mina
    Im Mittelpunkt stand mit Wilhelmine „Mina“ Lautenschläger eine beeindruckend aufrechte Frau, die dem Nationalsozialismus voller Verachtung gegenüberstand. Früh schon war sie „in Stellung“ bei der jüdischen Familie Westerfeld im Ort, wurde eine enge Freundin und fast wie eine ältere Schwester für die beiden Töchter Betty und Edith. Als es für die jüdischen Menschen in Deutschland immer düsterer wurde, konnten Betty und Edith nach Amerika ausreisen, die Eltern blieben hier. Der Vater starb 1940 in einem Konzentrationslager, die Spuren von Mutter Westerfeld verlieren sich nach dem letzten Brief, den sie Anfang 1942 an Mina schrieb. Mina hielt auch nach dem Krieg Kontakt in die USA, wie ihr 1944 geborener Sohn Jürgen im voll besetzten großen Saal des Gemeindehauses erzählte. Er tat dies auf ebenso anschauliche wie spannende Weise, hat die Berichte seiner Mutter zu einer atmosphärisch dichten und menschlich sehr berührenden Geschichte verwoben.

    Da ist es wieder, das Wort Geschichte, wieder in einer anderen Bedeutung. Diese Art von Geschichte – die in persönlichen Geschichten erzählte – ist es, welche zwar nicht alles begreifbar werden lässt, gerade bei diesem Thema. Aber empfindbar, miterlebbar, das allemal.

    Aus Anlass des 80. Gedenktages der Pogromnacht war Jürgen Flügge mit seiner beeindruckenden Schilderung der Einladung nach Reichelsheim gefolgt. Zuvor war wie in jedem Jahr ein Schweigekreis an der Gedenktafel für die Reichelsheimer Juden unterhalb der Kirche zusammengekommen.

    Finanziert wurde der Auftritt Jürgen Flügges gemeinsam von der Kommune, dem Dekanat Vorderer Odenwald, der katholischen Kirchengemeinde, der Offensive junger Christen und der Michaelsgemeinde.

    Bildmeditation über Beckmanns Synagoge in Frankfurt
    Auch in Reinheim wurde am vergangenen Freitag der Novemberpogrome vor 80 Jahren gedacht. Die Gedenkfeier begann in der Dreifaltigkeitskirche, in deren unmittelbarer Nachbarschaft die ehemalige Synagoge steht: Sie wurde in der Pogromnacht überfallen, blieb aber als Gebäude erhalten. Pfarrer Dr. Felipe Blanco Wißmann erinnerte daran, dass es 1938 trotz der räumlichen Nähe in den meisten Orten für jüdische Menschen keine verlässliche, gute Nachbarschaft mehr gab, auch nicht in den Kirchen. In einer Bildmeditation über das Gemälde „Die Synagoge in Frankfurt am Main“ von Max Beckmann ging es anschließend darum, wie es ist, wenn die Welt aus den Fugen gerät.

    Die Andacht endete an der ehemaligen Synagoge: Bürgermeister Karl Hartmann erinnerte dort in seiner Ansprache an die Ereignisse vor 80 Jahren und an die gemeinsame Verantwortung für die Zukunft.

    Musikalisch mitgestaltet wurde die Andacht von Christoph von Erffa am Violoncello, der Stücke von Johann Sebastian Bach und vom polnisch-jüdischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg vortrug.


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