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    Mit dem 3-D-Scanner vor den Altar

    Grundlagenforschung in der Kirche

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    Kein Winkel blieb ausgespart. Die evangelische Kirche in Rimbach ist von oben bis unten, von vorn bis hinten ausgemessen und dokumentiert worden – mit einem 3-D-Scanner, einer 360°-Kamera und diversen anderen Geräten. Die Ergebnisse sollen der Grundlagenforschung von Sprachwissenschaftlern zugute kommen. Für die Gemeinde ist es ein „kostenloses Coaching“.

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    Rimbach_Vermessung Heiko Hausendorf Rimbach_Vermessung

    Für das Forschungsprojekt hat sich der Universitäre Forschungsschwerpunkt Sprache und Raum (SpuR) der Universität Zürich mit dem Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim zusammengetan. „Kirche als Interaktionsraum“ lautet der offizielle Titel. Das Projekt hat einen langen Vorlauf. Bereits seit 2006 wurden Gottesdienste in Rimbach mit einer Videokamera aufgenommen – in letzter Zeit sogar zweimal im Monat. „Durch die Vermessung des Kirchenraumes ist es uns möglich, ein realitätsgetreues, dreidimensionales  Modell zu erstellen. Darin können wir uns beliebig bewegen und den Raum sowie die Menschen, die sich darin befinden oder bewegen, analysieren“, sagt Reinhold Schmitt vom IDS, der ein „Odenwälder Bub“ ist und einst in der benachbarten Kirche von Zotzenbach konfirmiert wurde.

    Folgen für die Gottesdienstpraxis?

    Doch für die bahnbrechende Erkenntnis, wer während des Gottesdienstes wo und zu welchem Zeitpunkt sich bewegt, bedarf es keiner Kamera. Und dass in dem Kirchenraum nicht alle Besucher gleich gute Sicht haben, erkennt man auch, wenn man auf einem Auge blind ist. Wozu dann der hohe technische Aufwand? „Wir machen Grundlagenforschung und untersuchen, den fundamentalen Zusammenhang von Sprache und Raum“, betont Schmitt. Als Beispiel nennt er eine typische Situation, wie sie bei der Verabschiedung eines Kirchenvorstehers und der Einführung seines Nachfolgers sichtbar werde. “Beide gehen gleichzeitig nach vorn. Der Nachfolger steht dann einfach da und muss warten, bis sein Vorgänger verabschiedet wird.“ Daraus könne man Folgen für die Gottesdienstpraxis ziehen und schauen, was man anders, besser machen könne.

    Für die Gemeinde eine Gratisaktion

    Rimbachs Pfarrer Uwe Buß, der urlaubsbedingt bei der dreidimensionalen Vermessung der Kirche nicht anwesend sein konnte, hält das Forschungsprojekt für nützlich: „Für mich als Pfarrer ist es ausgesprochen interessant, meine eigene Praxis und die Begegnung mit der Gemeinde im Gottesdienst aus einer analytischen Perspektive beleuchtet zu sehen.“ Nach Analyse der Video-Aufzeichnungen habe er sich als erste Konsequenz  ein mobiles Mikrophon zugelegt, um den Mikro-Ständer nicht umständlich von einer zur anderen Stelle tragen zu müssen.

    Feuer und Flamme für die Forschung ist auch der Musiker Volker Gruch, der in Rimbach insbesondere bei den Alpha-Gottesdiensten mitwirkt. Das ist eine Gottesdienstform, bei dem ein bestimmtes Thema beleuchtet wird, die Gottesdienstbesucher die Möglichkeit haben, sich zu Wort zu melden und nachzufragen und bei der mit den „Living Bones“ von Frontmann Volker Gruch eine Live-Band auftritt. „Wir haben es uns nicht träumen lassen, dass sich jemand dafür interessiert, was wie Woche für Woche im Gottesdienst machen. Jedes Coaching müssten wir teuer bezahlen. Das Forschungsprojekt ist für uns eine Gratisaktion. Die Analyseergebnisse werden uns geschenkt.“ Gruch und seine Band, so betont er, könnten für ihren Auftritt wichtige praktische Hinweise bekommen. „Der Altarbereich ist wie eine Bühne. Dabei kommt es darauf an, wie sich die Musiker positionieren, wie der Blickkontakt mit den Gottesdienstbesuchern und wie der Auftritt der Living Bones wahrgenommen wird“

    Antrag auf Forschungsgelder

    Bei der Analyse des jetzt zu erstellenden dreidimensionalen Modells komme es entscheidend auf das Detail an, erklärt Heiko Hausendorf  von der Uni Zürich. „Wenn wir auf das Detail eines Echtzeit-Ereignisses schauen, können wir auch besser erkennen, was verallgemeinerbar ist“, meint der Wissenschaftler. Als Beispiel nennt er die Predigt von der Kanzel. „Wie nehmen Gottesdienstbesucher die Kanzelpredigt wahr? Wie wirkt der Pfarrer oder die Pfarrerin auf die Gottesdienstbesucher? Wird von oben auf sie herab gesprochen und wird eine Predigt auf Augenhöhe als demokratischer empfunden?“ Die Antwort auf diese und andere Fragen könne mit Hilfe des 3-D-Modells leichter gefunden werden. In der Schweiz wird aktuell nach einer Kirche gesucht, die einen Vergleich mit dem Rimbacher Gotteshaus ermöglicht. Für das Forschungsprojekt, das zunächst auf drei Jahre angelegt ist, haben die Zürcher und die Mannheimer Wissenschaftler Drittmittel beantragt. Je nach Ausstattung mit technischem Equipment hoffen sie auf zwei bis vier Millionen Euro an Forschungsgeldern. Allein der in der evangelischen Kirche Rimbach eingesetzte 3D-Scanner, der nur ausgeliehen war, kostet bei Neuanschaffung rund 150.000 Euro.

    Martin Luther, der weder ein Mikro noch einen dreidimensionalen Scanner kannte, hatte dennoch ein deutliches Gespür für "Kirche als Interaktionsraum". Seine Empfehlung: „Tritt fest auf, mach`s Maul auf, hör bald auf!“

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